Mit weniger als 200 zwischen 1994 und 1998 produzierten Einheiten ist das Porsche 911 (Typ 993) Cup 3.8 M 001 Coupé eine echte Seltenheit auf dem Sammlermarkt und entsprechend begehrt. Das gilt in gleichem Maße für den 310 PS leistenden, luftgekühlten Sechszylinder-Boxermotor mit der Typbezeichnung M64/70: eine Investition für Entscheidungsfreudige, die schwäbische Ingenieurskunst „vom alten Schlag“ zu schätzen wissen. Das Aggregat ist vor rund 15 Jahren technisch überholt worden, es befindet sich seitdem in der Ausstellung bei PS Automobile in Lippstadt und wird einschließlich der Fächerkrümmer sowie der Verblechung zu einem sehr fairen Preis abgegeben. Die technischen Daten finden Sie weiter unten in der Story, die Seriennummer lautet: 6 3S 80 503.
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Go, get the Cup! Die Story.
1993 installierte Porsche Motorsport nach dem 1990 eingeführten Carrera Cup den Porsche Pirelli Supercup im Rahmenprogramm der Formel 1 als eine internationale Spielwiese. In den Anfangsjahren bestand der Terminkalender des hochkarätigsten Markenpokals der Welt meist aus Rennen im Rahmen der europäischen Großen Preise.
Aus Marketinggründen kamen später auch Gastspiele auf anderen Kontinenten dazu. Bereits nach der spektakulären Premierensaison erfolgte der erste Modellwechsel. Den 911 Carrera Cup der Generation 964 ersetzte die erste Ausbaustufe des Typs 993 – dem nach einem weiteren Jahr der zweite Baustand folgte. Von 1994 bis 97 einschließlich war der letzte Neunelfer mit Luftkühlung erste Wahl, ehe 1998 der Übergang zum 996 erfolgte.
Ferdinand „Ferry“ Anton Ernst Porsche, geboren am 19. September 1909 in Wiener Neustadt, verstorben am 27. März 1998 in Zell am See, stellte einmal fest: „Fast jedes Serienmodell von uns existierte auch als Rennwagen”. Dieses Zitat empfand ein Mitarbeiterstab um Herbert Linge 1989 als Ansporn, dem zu dieser Zeit in den Weltmarkt neu eingeführten 911 Carrera 2 der Baureihe 964 einen eigenen Markenpokal zu widmen. Dieser sollte die Nachfolge des 944 turbo Cup antreten. Am 1. April 1990 feierte der Carrera Cup Deutschland seine Premiere – in Belgien, beim Bergischen Löwen auf dem Omloop Terlamen Zolder. Der erste Sieger: Olaf Manthey, damals 35, der spätere Titelgewinner. Die anfangs 265 PS starke Cup-Ausführung des Typs 964 kam ohne aerodynamische Hilfsmittel aus. Was die Serie vorsah, zum Beispiel den bei 80 km/h automatisch ausfahrenden Heckspoiler, musste auch im Rennbetrieb ausreichen. Die Summe aller (Detail-)Lösungen wie dem eingeschweißten Überrollkäfig von Winfried Matter, der Fahrwerkskinematik, der Motorabstimmung, der Antriebstechnik, der Lenkung und der Geräuschentwicklung machten den feinen Unterschied aus. Nachdem all das – hinzu kamen noch 55 Millimeter Tieferlegung – auf den ersten Blick schwerlich zu erkennen war, hatte es die Marketing-Abteilung leicht. Der Zusammenhang zwischen Schaufenster und Rundstrecke ließ sich allgemein verständlich darstellen. Damit war der Vorgabe des Ferry Porsches vorerst Genüge getan. Entwicklungsschritte wie die Umstellung auf 18 Zoll große, dreiteilige Speedline-Räder ab 1992 rüttelten nicht am Gesamtkonzept.
1993 vollzog Porsche den endgültigen Schritt in die Internationalität. Der Supercup ging auf Erfolgskurs, und von Anfang an fuhren werksseitig eingesetzte VIP-Carrera mit Gaststartern mit. Im Rahmenprogramm des Großen Preises von Monaco im Mai 1993 feierte der Finne Mika Häkkinen mit einem der VIP-Carrera den einzigen Sieg eines Gastfahrers. Altmeister wie Jochen Mass, damals 46, gingen ebenfalls ans Werk. Beim Großen Preis von Belgien in Spa-Francorchamps am 28. August 1993 geriet der Formel-1-Star der siebziger Jahre in den Tiefen des Mittelfeldes mit Andreas Fuchs aneinander. Zu Fuß suchten das Jungtalent und der Wahl-Monegasse ihre jeweiligen Boxen auf. Da das Logo des privaten Fernsehsenders RTL auf dem VIP-Elfer prangte, war der Vorfall überall in den guten Stuben der Nation zu betrachten – blöd für Mass, dennoch ein voller PR-Erfolg.
Das Saisonfinale auf dem Grand-Prix-Kurs des Hockenheimrings stellte alles in den Schatten. Uwe Alzen (26), am 25. April 1993 Sieger der Supercup-Weltpremiere, und der 35-jährige Altfrid Heger lieferten sich ein unbeschreibliches Duell. Mehr in der Wiese als auf dem Asphalt unterwegs, erfanden die Titelkontrahenten immer gewagtere „Ideallinien“. Es war eine Demonstration allerhöchster Fahrkunst, die der Erfahrenere für sich entschied. Eine Auffälligkeit: Heger war zum Zeitpunkt seines Triumphes im gleichen Alter wie Olaf Manthey, als dieser drei Jahre zuvor im Carrera Cup 1990 die Meisterschaft dominierte. Zur damaligen Zeit war ein gewisses Maß an Abgeklärtheit vonnöten, um erfolgreich einen Porsche zu fahren – wie im wahren, dem alltäglichen Leben.
Das Flügel-Zeitalter brachte neue, jüngere Siegertypen hervor, die am Anfang ihrer Zwanziger standen. Bevor aerodynamischer Anpressdruck zum Rennen entscheidenden Element werden konnte, folgte dem 964 in Cup-Konfiguration ein Zwischenschritt: das 1994er Porsche 911 Cup 3.8 Coupé. Es verfügte nicht nur über einen hubraumstärkeren Motor und damit über mehr Drehmoment, auch die Spitzenleistung lag auf einem höheren Niveau. 310 PS übertrafen den Schwellenwert von 300 PS deutlich. Dennoch kam das 1.100 Kilogramm leichte Sportfahrzeug 1994 ohne Spoiler- oder Flügelwerk aus, und dafür gab es einen Grund: die neu entwickelte Mehrlenker-Hinterachse. Sie entsprach einer Doppelquerlenker-Konstruktion. Im Vergleich zur vorherigen Hinterachs-Schräglenker-Bauweise gelang ein großer Fortschritt. Bei Testfahrten in Mugello Anfang 1995 schlug Walter Röhrl das Vorgängermodell, den 964 Cup M001, um Längen. Er war auf einer Runde drei Sekunden schneller. Was lag also näher, als im Supercup auf die Innovation aus der Weissacher Denkfabrik hinzuweisen? Die Konsequenz: Nach der ersten Saison ergab sich schon der nächste Modellwechsel. Anstelle des 964ers kam die zeitgleich in Serie gegangene 911er-Generation 993 zum Einsatz, von der die ersten 40 Einheiten ausschließlich für den Supercup aufgelegt worden waren. Da sich der abgelöste 964 Cup M001 im Clubsport größter Beliebtheit erfreute, stellte sich die Frage nach dem Verbleib der Jahreswagen nicht. Sie waren im Nu weiterverkauft.
In das Feld der durch Rennteams und Sponsoren finanzierten Cup-Elfer ohne Flügel mischten sich zwei werksseitig eingesetzte VIP-Fahrzeuge. Porsche lud „Local Heroes“ aus der näheren Umgebung der jeweiligen Austragungsorte des Supercups ein, eine der 310-PS-Versionen zu steuern. Berühmtheiten wie Gérard Larrousse (Großer Preis von Ungarn), der belgische Motocross-Star Eric Geboers (Großer Preis von Belgien) oder Vorjahressieger Alfrid Heger (Großer Preis von Deutschland) gingen als Gastfahrer an den Start. Uwe Alzen im schwarzen Falke-Carrera des Porsche Zentrums Koblenz, kurz PZK, konnten sie alle nicht gefährlich werden. Der Westerwälder war nicht zu halten: sieben Rennteilnahmen, zwei Disqualifikationen, fünf Siege. Zweite oder gar dritte Plätze kamen in seinem Portfolio einfach nicht vor.
Zwischen 1990 und dem Frühjahr 2010 entstanden bei der Porsche AG auf Basis von vier verschiedenen 911-Baureihen insgesamt 2.422 Cup-Fahrzeuge. Diese Summe wird alljährlich um rund 250 Exemplare erhöht. Die Verbreitung des Cup-Carrera hat die Preisentwicklung der frühen Modelljahre positiv beeinflusst. 1997 und 1998 legte Porsche jeweils 15 Einheiten auf, um den Titelanwärtern stets frische Autos offerieren zu können. Es galt in der Szene als ein ungeschriebenes Gesetz, dass selbst unfallfreie Vorjahreswagen auf einer Runde um zwei bis drei Zehntelsekunden langsamer sein konnten als Neufahrzeuge. Der minimalste Unterschied konnte ausschlaggebend sein, von den (Spät-)Folgen kleinster Leitplankenkontakte abgesehen.
Spitzenteams notierten selbst minimalste Abweichungen von der ab Werk vorgegebenen Grundeinstellung. Diese entschieden über Sieg und Niederlage. Zum unverfälschten Bild gehörte auch das ungehobelte Fahrverhalten auf öffentlichen Straßen. Wirklich alltagstauglich ist der Cup-Carrera niemals gewesen. Besonders auf Belagwechseln ist eine kundige Hand am Volant gefordert. Es besteht kein Zweifel: Diese Boliden wurden für die Rennstrecke gemacht, für den millimetergenauen Tanz am absoluten Limit. Daran hat sich in den Porsche-Markenpokalen bis heute nichts geändert. Die Devise lautet: Go, get the Cup!
Verantwortlich für den Inhalt: Carsten Krome Netzwerkeins
Die technische Dokumentation in allen relevanten Details
- Fahrzeugtyp: Porsche 911 (Typ 993) Cup 3.8 M 001 Coupé
- Modelljahre: Modelljahre: 1994 (R-Programm, 40 Einheiten); 1995 (S-Programm, 57 Einheiten); 1996 ( T-Programm, 54 Einheiten); 1997 (V-Programm, 15 Einheiten); 1998 (W-Programm, 15 Einheiten)
- Konzeption: technisch identische Fahrzeuge zur Teilnahme am Carrera Cup/Supercup, die in einer Kleinserie von der Porsche AG auf der Basis des Porsche 911 (993) aufgebaut worden sind; abweichend vom ersten Cup-Modelljahr 1994 (R-Programm) weitreichende Veränderungen zur Saison 1995
- Karosserie: selbsttragendes, geschlossenes Coupé aus vollverzinkten Stahlblechen; vorderer Stoßfänger ohne Aluminium-Träger; Frontspoilerlippe; Schnellverschlüsse für die Fronthaube; Querabstützung zwischen den vorderen Federbeindomen; Anschluss an eine pneumatische Wagenhebeanlage zwischen Kofferraumhaube und Scheibenrahmen; Einarm-Scheibenwischer; Frontscheibe nicht eingeklebt; gewichtsoptimierte Aluminium-Türen; Kunststoff-Seitenschweller; Kunststoff-Scheiben seitlich und hinten; Motorhaube mit einstellbarem Aufsatz-Heckflügel Typ 993.512.119.01; kein hinterer Motorunterschutz
- Überrollschutz: fest eingeschweißte Matter-Sicherheitszelle aus Stahlrohren mit gekreuztem Flankenschutz, ONS-/FIA-Zertifikat Nummer 102 – 524/67 (1995)
- Motor: luftgekühlter Sechszylinder-Aluminium-Boxer Typ M64/70; zwei Ventile pro Zylinder, hydraulischer Ventilspielausgleich; Nikasil-Zylinder-Laufflächen; Resonanz-Ansaugsystem Typ VarioRam; geschmiedete, achtfach gelagerte Stahl-Kurbelwelle; polierte Titanpleuel; Antrieb der Nockenwellen über Zwischenwelle und Doppelkette; Trockensumpf-Schmierung mit separatem Öltank; Gemischaufbereitung durch sequentielle Einspritzung (MPI); Motorsteuerung über DME (Motronic); modellspezifische Abgasanlage, geregelter Katalysator
- Hubraum: 3.746 ccm
- Bohrung: 102 mm
- Hub: 76,4 mm
- Motorleistung: 310 PS bei 6.100/min
- maximales Drehmoment: 360 Nm bei 5.500/min
- maximale Nenndrehzahl: 6.900/min
- Getriebe: manuell geschaltetes Sechsgang-Getriebe Typ G50/31
- Bremsanlage: Belüftung vorn, gelochte und innenbelüftete Scheiben; Pagid-Reibbeläge; ABS
- Radaufhängungen (vorn): höhenverstellbare Federbeine; härtere, doppelte Schraubenfedern; geänderte Stützlager (zweifache Sturzeinstellung); geänderter, einstellbarer Stabilisator in härteren Lagern
- Radaufhängungen (hinten): Mehrlenker-Hinterachse; höhenverstellbare Stoßdämpfer; härtere, doppelte Schraubenfedern, geändertes Stabilisator-Gehänge, geänderter Stabilisator, geänderte Stützlager; erweiterter Einstellbereich für Spur und Sturz; starre Befestigung des Fahrschemels
- Räder: Pirelli (245/645-18 vorn und 285/645-18 hinten) auf dreiteiligen, modellspezifischen Speedline-Fünfspeichen-Felgen (8J x 18 vorn und 10J x 18 hinten); Zentralverschlüsse
- Interieur: Momo-Rennsport-Lenkrad ohne Airbag auf langer Nabe; Wegfall von Servo-Unterstützung und Handbremse bei der Cup-Version; starrer Recaro-Rennsport-Fahrersitz aus Verbundwerkstoffen, Sechspunkt-Gurte, kein Beifahrersitz; Türverkleidungen mit Textilschlaufen und Kurbelfenstern; permanente Belüftung; keine Innenraum-Dämmung, keine Sonnenblenden (Cup); Handfeuerlöscher, Hauptstromschalter
- Gewicht laut ONS-Wagenpass: 1.120 kg
- Beschleunigung (0-100 km/h): 4,7 sec.
- Höchstgeschwindigkeit: 280 km/h